22/12/2025 0 Kommentare
Zwischen Advent und Weihnachten
Zwischen Advent und Weihnachten
# Wort zum Alltag

Zwischen Advent und Weihnachten
Zwischen Advent und Weihnachten liegt eine besondere Zeit, eine oft übersehene Zeit. Sie ist mehr als nur ein Übergang im Kalender. Es ist ein Innehalten zwischen Verheißung und Erfüllung, zwischen Warten und Staunen. Die Kerzen am Adventskranz brennen vollständig, die Tage sind dunkel, und doch wächst das Licht. Die meisten Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, vieles drängt zur Vollendung, und doch ist innerlich noch etwas offen.
Diese Tage sind wie ein Atemholen kurz vor dem großen Geheimnis. Sie laden uns ein, nicht nur nach vorne zu schauen, sondern auch nach innen, ja still zu werden und noch einmal zu fragen: Wo berührt mich Gottes Wort? Wo sehne ich mich nach Licht? Worauf hoffe ich wirklich? Was erwarte ich von Weihnachten? Vielleicht nicht das perfekte Fest, nicht die heile Welt, sondern die Nähe Gottes. Einen Gott, der sich klein macht, verletzlich, menschlich. Einen Gott, der nicht über uns steht, sondern bei uns ist.
In diese Zwischenzeit spricht Gott leise. Nicht mit Paukenschlag, sondern mit Zusage. Er kommt. Nicht erst irgendwann, sondern mitten hinein in unser Leben. Noch ist das Kind nicht geboren, noch liegt alles im Schatten der Nacht. Aber die Verheißung steht fest: Das Licht wird kommen, und die Finsternis wird es nicht aufhalten. Woche für Woche haben wir deshalb Kerzen entzündet – kleine Lichter gegen die Dunkelheit. Jede Kerze erzählt davon, dass Gottes Verheißung näherkommt. Und doch ist Weihnachten noch nicht da. Wir leben im „Noch nicht“, im Dazwischen. Genau dort begegnet uns Gott.
Ja, noch ist es nicht soweit, noch müssen wir ein wenig warten. Der Advent hat uns gelehrt zu warten. Nicht das hektische Warten, das ungeduldig auf das Ende zielt, sondern ein erwartungsvolles Warten, das offen ist für Gottes Handeln. „Macht hoch die Tür“, singen wir – und meinen damit nicht nur Türen aus Holz, sondern die Türen unserer Herzen. Doch gerade jetzt, kurz vor Weihnachten, merken wir, wie voll diese Herzen oft sind: mit Terminen, Sorgen, Erwartungen, vielleicht auch mit Müdigkeit. Vielleicht spüren wir in diesen Tagen auch eine innere Spannung. Die Sehnsucht nach Frieden trifft auf Unruhe. Die Hoffnung auf Nähe trifft auf Einsamkeit. Die Freude auf Weihnachten trifft auf Erinnerungen, die schmerzen. Gott kennt dieses Spannungsfeld. Er selbst wählt den Weg in die Zerbrechlichkeit, in die Armut, in die Nacht. Die Krippe steht nicht am Ende eines perfekten Weges, sondern am Anfang eines neuen.
Zwischen Advent und Weihnachten dürfen wir auch üben loszulassen. Nicht alles fertig machen zu müssen. Nicht alles im Griff zu haben. Wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott sein Werk vollendet – auch wenn wir noch mitten im Unfertigen stehen. Ja, Gott kommt und er kommt nicht erst, wenn alles bereit ist. Er kommt nicht erst, wenn unser Leben aufgeräumt, unsere Fragen geklärt und unsere Sorgen gelöst sind. Er kommt mitten hinein in das Unfertige. Zwischen Advent und Weihnachten dürfen wir das aushalten: dass nicht alles abgeschlossen ist, dass manches offenbleibt. Gerade darin liegt Trost.
So gehen wir diesen Weg weiter, Schritt für Schritt, dem Heiligen Abend entgegen. Mit offenen Händen und wachem Herzen. In der Gewissheit: Gott kommt. Für dich. Für mich. Für diese Welt. Und er kommt genau dorthin, wo wir stehen – zwischen Advent und Weihnachten.
Prädikant Marc Bühner
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