
05/10/2025 0 Kommentare
Michaelistag
Michaelistag
# Wort zum Alltag

Michaelistag
Helge Böttcher, Mitglied des Domkirchenvorstands
Am 29. September feiern wir Michaelis – den Tag des Erzengels Michael. Schon im Jahr 493 legte Papst Gelasius I. dieses Datum als Festtag fest, verbunden mit der Weihe einer Michaelskirche in Rom. Seither erinnert der Tag an Michael, den „Engelsfürsten“, der in der Bibel als Kämpfer gegen das Böse auftritt: Er stürzt den Drachen, das Bild für alles, was Menschen und Welt zerstören will.
Michael bedeutet auf Hebräisch: „Wer ist wie Gott?“ – eine Frage, die uns daran erinnert, dass wir Menschen nicht Gott sind und uns auch nicht selbst zu Göttern machen sollen. Es ist eine Warnung vor Selbstüberschätzung und Machtmissbrauch. Schon im Mittelalter galt Michael als Schutzpatron des Reiches, viele Kirchen tragen bis heute seinen Namen. In der Volksfrömmigkeit wurde er gesehen als der, der die Taten der Menschen wägt und den Weg ins Leben bei Gott öffnet.
Michaelistag ist zugleich der Übergang in die dunklere Jahreszeit. Früher wurden an diesem Tag Pacht und Zinsen gezahlt, Ernte eingefahren und neue Arbeitsverhältnisse begonnen. Menschen wussten: Nun wird es ernst – wir brauchen Kraft für Herbst und Winter. Darum suchten sie Schutz bei Gott und seinen Engeln.
Heute leben wir in einer anderen Zeit – und doch bleibt die Frage aktuell: Wo bedroht uns das Böse? Vielleicht nicht mehr als Drache mit Feuer und Schweif, wohl aber in Gestalt von Gewalt, Krieg, Hassreden, Ausgrenzung oder der Gier nach immer mehr. Es ist gut, uns an Michaelis daran zu erinnern: Gott stellt uns nicht schutzlos hinein in diese Welt. Er sendet seine Engel – und manchmal sind es Menschen, die uns zur Seite treten, die uns Mut machen, die für das Gute kämpfen.
Gerade in diesen politisch unruhigen Tagen, in denen wir in Europa wieder mit Krieg und Gewalt konfrontiert sind und in unserer Gesellschaft oft Hass und Spaltung spüren, braucht es Menschen mit Haltung, die dem Drachen ins Gesicht schauen – und nicht wegsehen. Der Michaelistag ist eine Einladung, uns an die Seite derer zu stellen, die Frieden suchen, und uns selbst von Gott Kraft schenken zu lassen für den Weg in eine ungewisse Zukunft.
„Wer ist wie Gott?“ – Diese Frage möge uns leiten: nicht Macht, nicht Gewalt, nicht Hass ist der Maßstab, sondern Gottes Liebe, die stärker ist als alles Böse.
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