25/12/2025 0 Kommentare
Christnacht
Christnacht
# Predigt

Christnacht
Stille Nacht. Heilige Nacht. Stille war es um die Herde. Still, still, still - weil‘s Kindlein schlafen will. „Still alle Welt. Gott bricht schon auf von seinem heiligen Wohnsitz.“ schreibt Sacharja.
Was für ein Bild! Die Welt hält den Atem an. Nicht aus Angst, was im nächsten Moment alles passieren kann, nicht erschrocken, sondern voller Erwartung. Die Hoffnung wird groß! Alle Welt spürt das. Ganz egal wo. Alle Welt hält inne - gemeinsam gewärtig. Ein schönes Wort. Es ist ja keine Totenstille. Sondern heilige schimmernde verheißungsvolle Stille. Die von der Art, die beschützt und befriedet.
Still - klingt es um die Welt. Stille. Erstaunlich, auch das ist ein Sehnsuchtswort.Wir sehnen uns danach, dass das Getöse und Geraune verstummt, diese vielen vielen Worte, News, Posts und erst recht, dass die vielen lauten und harschen Töne schweigen, all das Hass- und Kriegsgeräusch. Es geht nicht darum, den oder das zum Verstummen zu bringen. Stille ist etwas anderes. Sie kommt nicht mit Gewalt. Sie senkt sich über und in uns.
In die Stille hinein haben wir eben noch das gar nicht so alte Lied gesungen: „Wisst Ihr noch wie es geschehen?“ Ist das nicht eine Vergewisserungsfrage? Weil die Welt wackelt und wir uns inmitten all der Kriege und Krisen wie überwältigte Fragezeichen fühlen. „Wisst Ihr noch wie es geschehen?“ Menschen sitzen beieinander und befragen sich. Wissen wir es noch?
Was ist eigentlich geschehen? In unserer Welt und in meinem Leben, mit meinem Glauben und zwischen Gott und uns? Wisst Ihr noch wie es geschehen ist? Stille. Stille war es um die Erde. Menschen sind beieinander - nicht einsam, sondern leise. Und auf einmal war ein Leuchten. Und dann dieses: „Fürchte dich nicht“. Sei bei Dir, sei ruhig, mach nicht dicht. Oder - so schrieb mir eine Freundin in ihrer Weihnachtspredigt mit Margot Friedländer: „Sei a Mensch.“Stille.
Und ich mit meiner Menschenhaut, die sich manchmal ganz stachlig und dann wieder weich anfühlt, mit meinem Menschenherz, dass sehr tapfer und auch ganz kleinmütig und traurig sein kann, mit meiner Menschenseele, die euch mal spürt und dann wieder gar nicht wahrnimmt - ich denke, ja „sei a Mensch“. Stille.
Und ein Gedanke. Hat Gott sich das selbst gesagt? „Sei am Mensch.“ Nicht überall gleichzeitig - sondern hier und jetzt. Nicht allmächtig, nicht allwissend - sondern mit Grenzen, menschlichen Grenzen. Wisst ihr noch??? Wissen wir‘s noch? Ist die Weihnachtsgeschichte vielleicht wirklich die einzige, die wir alle kennen?
Stille Nacht. Heilige Nacht. Sacharja, der Prophet lässt von Gott ausrichten:„Freu dich, sieh doch, ich komme und wohne in deiner Mitte.“Stille. Zeit, diese Nachricht einsinken zu lassen - in mein wankelmütiges Herz und meinen störrischen Verstand. Stille.Zeit, zu spüren, dass ich mich freue. „Still alle Welt.“ schreibt Sacharja. „Gott bricht schon auf von seinem heiligen Wohnsitz.“ Es leuchtet und klingt. Wie Glück. Eilte jeder, dass er‘ sähe. Das Neugeborene. Dass Menschen so vollkommen sein können. Dass wir diesen Anfang alle in uns tragen.Wisst Ihr noch?Die zarten Wimpern und Zehen? Und das Pochen der Fontanelle und die feinen Falten am Handgelenk? Die Nasenflügel und Lippen… Wisst ihr noch? Und sie beteten es an. Andächtige Stille. Da knien sie und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass einer was gesagt hätte. „Und wir fühlten Gottes Nähe.“ Es macht einen großen Unterschied, ob wir die Mitte sind oder ob mitten unter uns geschieht, da ist, einwohnt - was… Und da fehlen mir die Worte.
Stille. Dasein.Gottes Name. Hier wird er wahr unter uns, lebendig, spürbar. Stille. Und es klang aus Himmelshöhen! / Ehr sei Gott! Auf Erden Frieden…“ Immer werden wir‘s erzählen. Immer wieder wird Weihnachten. Der Stall ist nur ein Provisorium. Zum Glück. So kann es ja nicht bleiben.So wird es nicht bleiben. Wisst ihr noch?Als das Kindchen die Augen öffnete. Und mich ansah?
Oder mit Hilde Domin „Dein Ort ist / wo Augen dich ansehen. Wo sich Augen treffen / entstehst du.“Wisst ihr noch? „Von einem Ruf gehalten, / immer die gleiche Stimme, es scheint nur eine zu geben/ mit der alle rufen.“ Stille. Sei a Mensch.„Du fielest, /aber du fällst nicht. / Augen fangen dich auf. Es gibt dich / weil Augen dich wollen,/ dich ansehen und sagen, / daß es dich gibt.“„Still alle Welt. Gott wohnt mitten unter uns.“ Amen.
Dompredigerin Cornelia Götz
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