Krumme Linien

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# Wort zum Alltag

Krumme Linien


Heiko Frubrich, Prädikant


Der französische Schriftsteller Paul Claudel hat einmal gesagt: „Gott schreibt auch auf krummen Linien gerade.“ Und ich erlaube mir dazu den Kommentar: Was für eine weise Erkenntnis! Sie widerspricht unserem allzu menschlichen: „Das kann ja gar nicht klappen.“ Dabei ist oft genug das einzige, das nicht klappt, unser Gottvertrauen. Immer wieder begehen wir den Fehler, Gottes Handeln und Vermögen mit unseren beschränkten menschlichen Maßstäben zu beurteilen und fallen dabei auf die Nase.
Tröstlich ist vielleicht, dass wir Otto-Normalverbrauchen-Christenmenschen damit nicht allein, sondern vielmehr in bester Gesellschaft sind. Auch den Granden in der Bibel passiert sowas, und einer von ihnen hat heute seinen Gedenktag: Zacharias, der Vater des Johannes des Täufers und Ehemann von Elisabeth, der Cousine Marias. Er ist Hohepriester am Jerusalemer Tempel. Eines Tages, als er im Allerheiligsten ein Brandopfer darbringt, kommt der Erzengel Gabriel zu ihm und verkündet, dass seine Frau Elisabeth schwanger werden und einen Sohn zur Welt wird, der den Namen Johannes bekommen soll.
Zacharias glaubt dem Engel kein Wort. „Meine Frau ist erstens unfruchtbar und zweitens schon viel zu alt“, sagt er. „Gib mir ein unwiderlegbares Zeichen, sonst glaube ich Dir gar nichts.“ Dieses Misstrauen kommt beim Erzengel nicht besonders gut an und er verdonnert Zacharias zur Stummheit, solange, bis Johannes zur Welt gekommen ist. Und so kommt es dann auch. Erst als Zacharias Monate später den Namen seines neugeborenen Sohnes auf eine kleine Tafel schreibt, kann er wieder sprechen. Und das erste, das er spricht, ist sein berühmter Lobgesang, in dem er Gott für seine Gnade und Treue dankt.
Eine Geschichte mit Happy End. Eine Geschichte aber auch, die uns zeigt, wie eingeengt wir doch mitunter in den Grenzen unserer eigenen kleinen Welt unterwegs sind. Zacharias, ein Hohepriester, der jeden Tag im Tempel seinen Dienst tut und von dem die Bibel sagt, dass er gerecht und fromm vor Gott war und in allen Geboten und Satzungen des Herrn untadelig lebte, erschrickt und misstraut, als Gott durch einen Engel sichtbar und erlebbar die Stimme erhebt. Unglaublich, oder?
Wobei – wie sieht es denn mit uns selbst aus? Ich persönlich bin mir ziemlich sicher, dass es in der Rückschau auf mein Leben so einige Momente gab, in denen Gott still und leise die Weichen gestellt hat. Gemerkt habe ich das immer erst im Nachhinein und wäre in der konkreten Situation auch nie auf Idee gekommen, dass da gerade in meinem Leben etwas außerhalb meiner eigenen Kontrolle passiert. Und ich lerne immer wieder, dass auch bei mir in Sachen Gottvertrauen noch Luft nach oben ist.
Schön, dass uns der Evangelist Lukas die Geschichte des Zacharias übermittelt hat, denn sie zeigt uns erstens, dass wir uns auf Gott verlassen dürfen und sollten und zweitens, dass er uns nicht lange böse sein kann, wenn wir mal wieder meinen, schlauer zu sein als er. Denn selbst, wenn wir nur noch krumme Linien sehen: Gott kann trotzdem gerade darauf schreiben. Amen.


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