
05/10/2025 0 Kommentare
Glauben ist ein Geschenk
Glauben ist ein Geschenk
# Wort zum Alltag

Glauben ist ein Geschenk
Jakob Timmermann, Pfarrer
Glauben ist ein Geschenk. Man muss es nur annehmen. Das klingt wie ein Kalenderspruch. Eine hohle Phrase. So dachte ich. Bis ich einmal auf ein Bild von Quint Buchholz gestoßen bin.
Darauf zu sehen ist ein einzelnes Haus an einem großen See, vielleicht ein Fjord. Es ist eine friedliche Abendstimmung. Es grasen ein paar Kühe auf der Wiese daneben. Und völlig unvermittelt steht da ein riesiges Geschenk neben dem Haus. Es ist größer als das Haus selbst und wird von der untergehenden Sonne beschienen.
Glauben ist ein Geschenk? Ja, aber vielleicht eins, das ein bisschen zu groß geraten ist. Und außerdem so gut verpackt ist, dass man es nicht öffnen kann. Vielleicht ist es uns im Kindergarten geschenkt worden, als wir zum ersten Mal ein Tischgebet gesprochen haben. Vielleicht ist es uns von unseren Eltern geschenkt worden, als wir Weihnachten in die Kirche gegangen sind. Vielleicht haben wir es zur Taufe geschenkt bekommen. Und vielleicht stand es auch schon immer in unserem Garten, ohne dass jemand weiß, wie es da hingekommen ist.
Und nun müssen wir uns dazu verhalten. Mit diesem etwas zu großen und ungeöffneten Geschenk umgehen. Dabei erlebt man verschiedene Phasen. Manchmal ist es so normal wie Zähneputzen, manchmal ist es so außergewöhnlich wie ein 50. Geburtstag. Manchmal nervt dieses Geschenk wie ein Stein im Schuh und manchmal ist einem genau dieser Stein der Fels in der Brandung.
Und vielleicht ist Glaube nichts anderes als die Neugier darauf, was denn wohl letztlich in diesem Geschenk drin ist. Manchmal habe ich dazu ganz tolle Ideen und manchmal bin ich blank. Aber meine Hoffnung ist, dass am Ende – also ganz am Ende – nicht irgendetwas drin sein wird, sondern genau das Richtige. Und für dieses Richtige reicht meine Fantasie nicht aus. Ich kann es mit Worten nicht beschreiben. Ich kann nur ein Gefühl dazu haben. Die Vorfreude irgendwann, alles verstehen zu können: das Gute und das Böse, das Leichte und das Schwere, das Hässliche und das Schöne. Und der Glaube daran, dass alles wahr werden wird, was gut für mich ist.
Christus spricht: Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt. (Joh 15, 16a). Was für ein Geschenk!
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